Es raschelt, es duftet, es hat Sommersonne getankt, es kratzt an den Beinen und hört sich doch so gemütlich an, wenn es die Pferde im Winter malmen.
Doch bis es soweit ist, werden täglich mehrmals verschiedene Wetterdienste befragt um fest zu stellen, dass jeder was anderes verspricht. Oder doch den alten Wetterregeln vertrauen, den Vollmond wieder abwarten? Es einfach zu riskieren kann man nicht eingehen, als Pferdehalter hat man nur den ersten Schnitt als Chance. Bleibt es vier Tage sonnig- oder kommt das Gewitter doch früher?
Die größte Sorge im Radio gehört den Schwimmbadbesuchern- ob es Badezeit ist oder nicht. Tja, die können ihr Handtuch in Sicherheit bringen. Mir helfen nur Stossgebete- ja, man wird sehr gläubig bei den Blicken in den Himmel. Wenn wir uns nicht trauen, wird das Gras wieder so überständig wie vor 2 Jahren. Außerdem brauche ich den erneuten Aufwuchs zum Abweiden.
Ich gebe dem selbstgemachten Druck nach und mein Mann darf das Mähwerk anhängen. Ab jetzt wird jede Wolke argwöhnisch beäugt und das Bangen beginnt.
Seit 30 Jahren bewirtschaften wir hier unsere Wiesen. Es sind nur noch wenige so bunt wie diese. Rundum nur dunkelgrünes Massengras. Da fällt mir der Satz von Frau Dr. Vanselow bei einem Seminar ein: „Es werden irgendwann die Wiesen der Pferdehalter sein, von denen man längst verschwundene Arten als Saatgut wiedergewinnt“. Der Trend geht auch bei uns im Dorf zum unkaputtbaren Weidelgras- einen Wiesenblumenstrauß zum Muttertag kann man schon längst nicht mehr pflücken. Ich kenne jede Ecke meiner Wiesen, weiß wo die Flockenblume blau blüht, ein paar Reihen davon entfernt gibt’s die weiße Schafgarbe. Sie wirkt verdauungsfördernd und krampflösend und hemmt Entzündungen der Schleimhäute. Auch als Mensch sollte man täglich ein paar Blätter davon essen, es schmeckt bisserl bitter, aber das ist oft bei gesunden Pflanzen so. Der Löwenzahn ist nicht nur ein gelber Farbtupfer, er hilft auch bei Rheuma und Arthrose.
Gutes Heu duftet wie bester Tee- da brauche ich auch kein Kräuterzusatzfutter kaufen, die beste Medizin wächst hier, man muss es nur gut pflegen und den Weideumtrieb managen.
Beim Öffnen der Heuballen weiß ich meistens, von welcher Wiese es stammt.
Kennt ihr noch den sogenannten Rossrechen? Ein schwerer, breiter Eisenrechen, mit dem man das nachrechte, was die Ballenpresse überlies. Handarbeit ist ja meist „Frauensache“ und bei mir hieß es immer: damit kannst Du dann deine Hasen füttern…Ganz früher haben wir auf unwegsamen Gelände noch „Heumanderl“ aufgestellt oder „Schwedenreiter“ gebaut. Da wurde das Gras einfach zum Trocknen aufgehängt. Der Regen ist abgeperlt und das Heu hatte noch alle Blätter und Samen, wenn es heimgefahren wurde.
Die Art des Heumachens war echt anstrengend und schweißtreibend und ging auch nur, weil viele Menschen zusammenhalfen.
Die Maschinen erleichtern uns heute natürlich vieles: aber die Angst ums Wetter bleibt und die Dankbarkeit gegenüber dem Wettergott, wenn es wieder so schön trocken heimgekommen ist wie heuer. Und wenn die Pferde wieder in den Offenstall wechseln müssen, um den
Artenreichtum auf den Weiden nicht zu zertrampeln, dann freue ich mich über den Duft des Sommers im Winter.