Nicoles Sicht

Von Heinzelmännchen und Wanderreitstationen

Für die Wanderreiter ist es Urlaub, für die Gastgeber harte Arbeit. Nicole Menzel hat beides erlebt und berichtet für uns aus beiden Sichtweisen − nämlich als Gast und als Gastgeberin, jeweils des Wanderreiterstützpunktes im mittelfränkischen Kühnhardt.

Die Station aus Wanderreiter-Sicht

Vor einem Jahr zog ich mit meinem Trakehner Viento 700 km durch die Lande. Dabei kam ich auch beim Wanderreiterstützpunkt von Peter und Petra Stegmüller im mittelfränkischen Kühnhardt vorbei. Auf einer Pferdemesse hatte ich ihren Flyer mitgenommen. Als mich mein Weg dann Richtung Crailsheim führte, erinnerte ich mich und rief einen Tag vorher an, ob ich vorbeikommen könnte. Wann ich ankommen würde, wollte Petra wissen. Na, das wusste ich einen Tag vorher noch nicht. Petra gab grünes Licht, denn im Juli bei 35°C sind nur wenige Wanderreiter unterwegs.

Mittags rief ich nochmal kurz an. Jetzt konnte ich meine Ankunftszeit genauer abschätzen. Nicht mehr lange und ich stand im Stall der Stegmüllers. Hier das Wasser, dort die Abspritzmöglichkeit, mein Sattel in die Scheune und dort die Unterkunft für mein Pferd. Ob ich ihn noch wälzen lassen möchte. Ja gerne. Schnell wurden die hauseigenen Pferde verräumt und mein treuer Begleiter hatte den ganzen Auslauf für sich. Genüsslich gewälzt stand er nun auf seinem Paddock und malmte frisch gemähtes Gras. Die Pferdewelt war in Ordnung.

Für mich gab es kurz darauf frischen Kaffee, ein Stück Kuchen und nette Unterhaltung mit Petra. Da ich auf meinem Ritt oft genug froh war überhaupt unterzukommen, freute ich mich am Willkommen-Sein mit Familienanschluss. Dazu ein helles Zimmer mit sauberem Bad, nach all den Nächten im Schlafsack vor der Box, eine Wohltat! Abends saßen wir bei leckerem Essen und verbesserten die Pferdewelt. Ich blieb einige Tage, ruhte aus und fühlte mich wohl.

Dann zog ich weiter. Doch im nächsten Jahr kam ich zu einem Sommerpraktikum wieder und erlebte eine Wanderreitstation hinter den Kulissen. Und mir wurde klar, was für mich so leicht und natürlich aussah, ist oft gute Planung und zeitaufwendige Vorbereitung.

Die Station aus Sicht der Gastgeber

Wenn Petra beim Frühstück verkündete heute kommen 4 Wanderreiter, dann war der Tag eigentlich schon verplant. Um 7 Uhr Füttern der hofeigenen Pferde, danach gemeinsames Frühstück. Was sollen wir kochen für die Wanderreiter (= Hopperer vom Stationen-Hopping)? Und wer fährt einkaufen? Wer ist ab 15.00 Uhr am Stall, denn wir wissen nie, wann die Reiter ankommen. Ist noch genügend Milch da, oder müssen wir noch zum Milchbauern?

Dann los, lass uns noch schnell die eigenen Pferde reiten. Mittags führt eine von uns einkaufen, frisch, möglichst regional und saisonal soll es sein. Und dann bereiten wir alles schon vor, damit dem genüsslichen 3-Gänge-Menü nichts im Wege steht.

Für die Pferde werden die Boxen frisch eingestreut und die Raufen mit dem hofeigenen Heu gefällt. Peter kommt von der Arbeit − rauf auf seinen Traktor und mäht frisches Gras. Ab 15 Uhr bleibt immer einer von uns am Hof, denn die Reiter kommen gerne dann, wenn man mal schnell noch weg ist.

Manchmal bleibt noch Zeit für einen Kaffee in aller Ruhe. Oft riechen ihn aber auch die Gäste und stehen zeitgleich auf dem Hof. Petra heißt alle Gäste, wie damals auch mich, herzlich willkommen. Das Scheunentor auf, alle hinein, dort anbinden, hier abspritzen, Wassereimer gibt es da hinten, Futter ist schon vorbereitet. Wir laufen von einem zum anderen. Trennen den Auflauf ab, damit sich alle Pferde noch bewegen können und bauen Sattelständer, damit alles ordentlich aufgehängt werden kann. Wenn die Pferde zufrieden sind, kehrt Ruhe ein.

Die Reiter sitzen um den runden Gartentisch. Kaffee, Kuchen, etwas Wasser mit Holunderblütensirup? Ja gerne. Wir laufen los, die Kaffeemaschine brummelt um die Wette. Dann sitzen wir gemeinsam im Garten. Was haben die Hopperer erlebt? War es ein schöner Tag, eine gelungene Strecke? Oft wird viel gelacht und sich ausgetauscht.

Die Reiter gehen duschen, doch für uns geht es weiter. Das Essen soll pünktlich um sieben auf dem Tisch stehen und bis dahin sind noch alle Pferde zu versorgen. So kocht meist einer von uns, während die Anderen ausmisten, Wasserfässer füllen, Kraftfutter und Heu zurecht machen und all das tun, was auf einem Hof sonst noch anfällt.

Um sieben ist das Essen tatsächlich fertig. Alle Reiter erscheinen frisch geduscht. Lecker ist es, wie so oft, und wir freuen uns gemeinsam mit unseren Gästen. Viele Geschichten gibt es zu erzählen. Bis der Nachtisch auf dem Tisch steht ist es meist neun Uhr. Danach gehe ich nach Hause. Wie lange sie wohl noch erzählen? Ich bin froh, dass ich einfach gehen kann. Nach all den Vorbereitungen möchte ich jetzt noch in Ruhe für mich sein. Denn am nächsten Tag geht es in aller Frühe wieder weiter.

Wir sind die ersten, die alle Pferde versorgen, 3 km entfernt frische Brötchen holen und beim schnipseln des Obstsalates allen einen wunderschönen Guten Morgen wünschen. Peter erklärt den besten Weg und meldet die Gäste bei der Mittagsstation an. Während die Gäste nach dem Essen die Pferde satteln, verladen wir die vielen Taschen und Einzelteile. Manchmal ist es soviel Gepäck, dass es kaum in das Auto passt. Erstaunlich! Danach fährt Peter das Gepäck zur nächsten Station. Petra und ich verabschieden die Wanderreiter und wünschen einen wunderbaren Ritt. Und während sie von dannen reiten, stehen wir schon mit Mistgabeln und Schubkarren im Stall. Der Tag beginnt von Neuem.

Fazit

Liebe Wanderreitfreunde – es war mir vorher nicht bewusst, wie viel Arbeit hinter dieser Gastfreundschaft steckt. Denn reich wird man davon nicht. Das muss man wirklich leben und von Herzen wollen. Sicher wird es nicht überall so aufwendig betrieben wie beim Stationenhopping. Wie schön, wenn dann der ein oder andere Wanderreiter schon seine Box gemistet oder die Stallgasse gekehrt hat. Bei 8 eigenen und 4 Wanderreitpferden spüren wir jeden Handgriff und freuen uns über jede kleine Hilfe.

Jetzt weiß ich, wie viel Arbeit und Organisation hinter einer Wanderreitstation steckt und danke allen, die mich aufgenommen haben, nochmals aus tiefem Herzen. Auf frohe Ritte und alle Zeit viel Spaß mit unseren 4-beinigen Kameraden.

Nicole